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rik Mai / Juni 2025

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filmFOTOS: ALAMODE

filmFOTOS: ALAMODE FILMOslo Stories TRÄUMEOslo Stories LIEBEINTERVIEWNachgefragt beiDAG JOHAN HAUGERUDIn den 1990er-Jahren begann Dag Johan Haugerud seine Karriere sowohl als Filmemacher wie auch als Schriftsteller. Doch erstseit dem vergangenen Jahr bekommt der Norweger die internationale Aufmerksamkeit, die er verdient. Bei der Berlinale, denFilmfestspielen in Venedig und letztens erneut bei der Berlinale feierten seine drei jüngsten Filme ihre Weltpremieren. Nun kommtdie preisgekrönte Trilogie unter dem Titel „Oslo Stories“ zwischen Mitte April und Ende Mai in die deutschen Kinos. In „Liebe“(ab 17.4.) geht es um eine heterosexuelle Ärztin und einen schwulen Pfleger, die auf ihre je eigene Weise unkonventionellenBeziehungsvorstellungen anhängen. In „Träume“ (ab 8.5.) verliebt sich eine Teenagerin in ihre Lehrerin. Und in „Sehnsucht“(ab 22.5.) hinterfragen zwei Schornsteinfeger plötzlich ihre Identität als Hetero-Cis-Männer. Anlässlich dieser nur lose thematischzusammenhängenden Filme trafen wir den 60-jährigen Haugerud in Berlin zum Interview.Oslo Stories SEHNSUCHTHerr Haugerud, drei lose zusammenhängende Filme, dieinnerhalb eines Jahres bei Filmfestivals Premiere feiern unddann in kurzem zeitlichen Abstand als „Oslo Stories“ in dieKinos kommen – wie kam es zu diesem anspruchsvollenProjekt?Den Anfang nahm eigentlich alles mit der Geschichte,die nun im Deutschen den Titel „Sehnsucht“ trägt. Die warzunächst als mittellanger Film von einer knappen Stundegedacht, doch so etwas wollte leider niemand finanzieren.Also fing ich im Gegenteil an, größer zu denken, und hatteLust, über Liebe, Sex und Sehnsucht aus verschiedenen Perspektivennachzudenken. Außerdem hatte ich verschiedeneSchauspieler*innen im Sinn, mit denen ich arbeiten wollte.Denen schrieb ich ihre Figuren dann auf den Leib.

filmIn allen drei Filmen geht es um ein Begehren abseits vonMonogamie, Heteronormativität und gesellschaftlichemStatus quo. Warum ist Ihnen das so wichtig?Mir ist es einfach ein Anliegen, Queerness und all die vonIhnen angesprochenen Dinge auf eine Weise zu zeigen, woes nicht ums Problematisieren geht. Die Selbstverständlichkeitvon queerem Leben in einer Hetero-Mehrheitsgesellschaftist etwas, das ich darstellen wollte, ohne – wie sonstmeist üblich – von Coming-outs, Homophobie und Ähnlichemzu erzählen. Gerade in Zeiten, in denen alle liberalenFortschritte der vergangenen fünfzig Jahre, angefangen mitden Errungenschaften der Frauenbewegung, zerbrechlicherdenn je erscheinen.Lassen Sie sich auch von Ihrem eigenen Leben zu diesenGeschichten inspirieren?Sie meinen, weil ich selbst ein queerer Mann bin? Nichtwirklich. Die Gedanken, Ideen und Biografien anderer Leutefinde ich meistens sehr viel interessanter als meine eigenen.Außerdem finde ich immer enorm viel Inspiration in Büchern,die ich lese.Für „Träume“ gewannen Sie in diesem Jahr auf der Berlinaleden Goldenen Bären. Was reizte Sie daran, von einerJugendlichen zu erzählen, die sich in ihre Lehrerin verliebt?Zu den Schauspieler*innen, die ich von Anfang an für dieseFilme im Sinn hatte, gehörte auch Ella Øverbye, mit der ichschon einmal gearbeitet hatte. Damals war sie noch einKind, elf Jahre alt, und ich wollte nun herausfinden, wie siesich als Schauspielerin weiterentwickelt hat. Und da es in derTrilogie nun einmal um Liebe und Sexualität geht, erschienes nur logisch, in „Träume“ von den ersten großen Gefühlenzu erzählen, die man als Teenager empfindet. Also fing ichan, mich an meine eigenen Erfahrungen damit zu erinnern.Aha, also fließt eben doch das Persönliche in Ihre Filme ein!Ja, klar, aber nicht als hauptsächliche Inspiration. Eher zuRecherchezwecken, um es mal so auszudrücken. Zur Unterfütterung.Natürlich erinnere ich mich daran, wie ich michdas erste Mal verliebt habe und wie ich meine Queernessentdeckt habe. In beiden Punkten wusste ich vermutlichnicht auf Anhieb genau, was diese Gefühle bedeuten. Abersie waren unglaublich stark; so stark, wie sie wohl nur indiesem jungen Alter sein können, wenn man noch ganzunschuldig ist, aber spürt, dass eben diese Unschuld wohlgerade emotional zu einem Ende kommt. Ich weiß nochgut, wie sich das anfühlte. Und manchmal vermisse ich dassogar.Haben Sie denn den Eindruck, dass Kids heutzutage ihreGefühle und ihre Identität noch auf die gleiche Art undWeise entdecken, wie Sie das damals getan haben?Natürlich ist heutzutage vieles anders, wenn man jung ist.In vieler Hinsicht sind Teenager heute sicherlich ein wenigreifer, als wir es damals waren. Und gerade in SachenQueerness hat sich ja einiges geändert: Für die Protagonistinin „Träume“ und viele andere Jugendliche in einer Gesellschaftwie der norwegischen wäre ein Coming-out wohleinigermaßen undramatisch. Trotzdem denke ich, dass dieeigentlichen Gefühle immer die gleichen sind, auch ganzunabhängig davon, ob man heterosexuell oder queer ist. Beiall der Aufregung und dem Schmerz, den man in dem Alterbei der ersten Liebe empfindet, merkt man in der Regel garnicht, dass all diese Gefühle weniger mit dem Gegenüberzu tun haben als mit einem selbst. Man kreist in der Jugendunglaublich um sich selbst, und es geht mehr um dasVerliebtsein selbst als um eine konkrete Person.Der deutsche Obertitel der Trilogie deutet es an: Nebenden Figuren spielt auch Oslo als Stadt eine zentrale Rolle indiesen Geschichten. Warum?Ich stamme selbst ursprünglich gar nicht aus Oslo, sondernaus einer Stadt, die rund anderthalb Stunden entfernt ist.Aber als ich jung war, kamen wir immer wieder nach Oslo,nicht zuletzt zum Rathaus, das nun in den Filmen auch sehrpräsent ist. Für mich ist gerade dieses Gebäude das Herz vonOslo, und wenn ich es sehe, spüre ich ein Gefühl von zu Hause.Mein Blick darauf ist nun bewusst ein nostalgisch geprägter,denn Oslo hat sich seit meiner Jugend enorm verändert.Apropos nostalgisch: In „Träume“ gibt es eine wunderbareSzene, in der die Mutter und Großmutter der Protagonistindarüber diskutieren, wie die eine in den 1980ern „Flashdance“für ein feministisches Meisterwerk hielt und dieandere den Film als frauenfeindlichen Mist verurteilte. Wogab es in Ihrer Jugend den größten Generationskonflikt inSachen Popkultur?Bei meinen Eltern und mir ging es weniger um „Flashdance“.Aber solche Diskussionen kennt allgemein wahrscheinlichjeder, oder? Als Jugendlicher liebt man irgendetwas, dochdie Eltern wollen es einem madigmachen, weil sie es für zukommerziell, banal oder sonst irgendwie schlecht halten. Beiuns drehte sich dieser Konflikt um ABBA. Meine Eltern hasstendie Band, aber ich liebte sie. Und tue es noch!*Interview: Patrick HeidmannFOTO: BERLINALE

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