8 SZENE GENDER FOTO: SOS-KINDERDÖRFER WELTWEIT KIKO: „Ich bin vor allem Mensch“ Kiko bezeichnet sich als genderfluid – was bedeutet, dass Kiko beides ist: männlich und weiblich. Oder weder noch. Sich dazu zu bekennen, erforderte großen Mut. „Natürlich kann man sich in Skopje anziehen, wie man will“, sagt Kiko, „aber niemand kann garantieren, dass man dann nicht in der Notaufnahme eines Krankenhauses landet.“ Heute geht Kiko durch Skopje, die Hauptstadt Nordmazedoniens, in Jeans, Pullover. Die Haare sind kurz geschnitten, die Seiten rasiert. Auf den ersten Blick einer jener jungen Männer, wie man sie in Skopje sieht. Aber später hat Kiko noch eine Verabredung mit Martina. Sie wird Kiko schminken. Zum ersten Mal wird Kiko sich heute anderen als Frau zeigen. Als Kiko elf Jahre alt war, verlor er_sie seine Mutter: „Ich war plötzlich ganz alleine.“ Was danach kam, darüber möchte er_sie nicht sprechen. Nur so viel: Es war eine Zeit, in der er_sie viel Gewalt erlebte. Mit sechzehn – dann, wenn man vieles infrage stellt und auch die eigene Identität hinterfragt – kam die Krise: „Ich hatte das Gefühl, dass mit mir etwas nicht stimmt, aber ich wusste nicht, was. Ich bin wirklich fast verrückt geworden. Ich hatte Selbstmordgedanken.“ Er_sie meldete sich beim Jugendamt, kämpfte sich durch die Behörden und Institutionen. „Mir war klar, dass ich diesen Zustand unbedingt ändern und die Sache selbst in die Hand nehmen muss.“ Schließlich kam er_sie mit 16 Jahren in die betreute Jugend-WG des SOS-Kinderdorfs Skopje: „Mit der Hilfe der pädagogischen sowie psychologischen Beratung dort wurde dann alles besser.“ Kiko besuchte eine psychologische Beratung, in der er_sie sich mit Geschlechtsidentität beschäftigte. „Ich habe einen Begriff entdeckt, in dem ich mich selbst wiederfinde: genderfluid. Das bedeutet, dass ich mich auf kein Geschlecht festlegen kann. Ich war etwas verwirrt. Aber“, lacht Kiko, „genderfluide Menschen sind immer ein bisschen verwirrt.“ Mit 18 Jahren schrieb Kiko sich an der Universität Skopje für Psychologie ein. „Ich werde weiter forschen und herausfinden, wie die Psychologie das sieht. Einiges habe ich schon begriffen: Wir müssen dringend an der Akzeptanz arbeiten. Eltern sollten die Ausdrucksmöglichkeiten ihrer Kinder nicht blockieren.“ Was ihm_ihr half, war die Unterstützung der Betreuer*innen und natürlich auch der besten Freundin Martina. „Ich kam mit schon zwei Jahren ins SOS-Kinderdorf“, erzählt sie. „Und später habe ich Kiko in der betreuten WG kennengelernt. Wir sind schnell Freunde geworden, weil wir so viel gemeinsam haben.“ Martina schminkt sich gerne, und heute besucht sie Kiko, um ihn_sie zu verwandeln. Kiko hatte sich schon öfter als Frau gekleidet, aber immer heimlich. Heute will er_sie sich zum ersten Mal zeigen, wie er_sie ist. Martina grundiert das Gesicht mit einem hellen Make-up, bis Kikos Haut ganz zart wirkt und man die Bartstoppeln kaum noch sieht. Danach legt sie viel Lippenstift auf und blauen Lidschatten. Kiko betrachtet sich zufrieden im Spiegel. Und dann zieht er_sie das schwarze Kleid an, Handschuhe bis zum Ellenbogen und eine lange, dunkle, lockige Perücke. Kiko ist nicht mehr der junge Mann von vorhin, sondern eine Diva. Und sein_ihr Gesicht strahlt, die Gesten werden frei, einladend und er_sie lacht. „Es bedeutet mir viel, Teil von Kikos Geschichte zu sein“, sagt Martina. „Ich denke, es ist sehr wichtig, dass sich die Menschen so zeigen, wie sie sich fühlen. Kiko hat meine ganze Unterstützung, weil ich es nicht wichtig finde, wie jemand aussieht, sondern, dass man ein guter, ehrlicher und positiver Mensch ist.“ sos-kinderdoerfer.de
SORGERECHTSENTZUGSZENE 9 bei lesbischen Müttern zwischen 1946 und 2000 Queere Familien müssen bis heute um ihre rechtliche Gleichstellung kämpfen – etwa beim Sorgerecht und der damit verbundenen rechtlichen Absicherung der Kinder. Bis in die 1990er Jahre mussten Mütter, die eine lesbische Beziehung führten, sogar damit rechnen, das Sorgerecht für ihre Kinder zu verlieren – eine neue Studie in NRW widmet sich diesem Thema und gibt Zeitzeug*innen erstmals eine Stimme. Durchgeführt wird das Forschungsprojekt von der Historikerin Dr. Kirsten Plötz in Trägerschaft des Queeren Netzwerks NRW. Das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen fördert die Studie. Bisher bekannte Quellen weisen darauf hin, dass Gerichte und Institutionen in NRW durchaus unterschiedliche Entscheidungen trafen. Der Großteil der zurückliegenden Gerichtsentscheidungen über das Sorgerecht lesbisch lebender Mütter ist jedoch gar nicht bekannt. Auch juristische Publikationen dokumentierten solche Fälle kaum. Das hat vielfach damit zu tun, dass lesbische Beziehungen im 20. Jahrhundert in der Öffentlichkeit oft unsichtbar waren. „Manche betroffene Mutter wird bis heute befürchten, der Entzug des Sorgerechts sei ihr persönliches Versagen – obwohl es eine Folge von Diskriminierung war,“ so Dr. Kirsten Plötz, die seit über 30 Jahren zu lesbischer Geschichte forscht. Die Studie will deshalb das Wissen von STUDIE Zeitzeug*innen einbeziehen – und damit Erkenntnislücken schließen und die Erfahrungen einzelner Menschen und Familien aussprechbar machen. „Als Interessensvertretung der queeren Communities ist es unsere Aufgabe, queere Lebensrealitäten sichtbar zu machen – auch dort, wo sie von Diskriminierung und Schmerz geprägt sind,“ betont Dr. Vera Uppenkamp, Vorstandsmitglied des Queeren Netzwerks NRW. „Ohne Stigma über diese Erfahrungen reden zu können, ist unfassbar wichtig. Betroffene erfahren durch diese Sichtbarkeit, dass sie nicht allein sind – und für die politische Arbeit unserer Communities wird die Diskriminierung deutlich, gegen die wir als Gesellschaft laut und deutlich eintreten müssen.“ Das Queere Netzwerk bittet alle, die mit solchen Sorgerechtsverfahren direkt oder indirekt zu tun hatten, sich zu melden. Dazu gehören die betroffenen Mütter, aber auch deren Lebensgefährtinnen, die Kinder, die Väter, die Jugendamtsmitarbeiter*innen, Familienrechtsanwält*innen, Richter*innen; andere Verwandte der Kinder, Mitbewohner*innen, Erzieher*innen und andere, in deren Umfeld um das Sorgerecht von lesbisch lebenden Müttern gestritten wurde. Für den Kontext sind zudem Zeitzeug*innen über Verfahren um das Sorge- oder Umgangsrecht von schwul lebenden Vätern und von trans* Eltern gesucht. Zeitzeug*innen wenden sich bitte an sorgerecht@queeres-netzwerk.nrw. FOTO: MODODEOLHAR / PEXELS.COM Paris ab 32€ IMMER WILLKOMMEN BEI UNS THALYS.COM Verantwortlicher Herausgeberin: Gwendoline Cazenave, CEO THI FACTORY SA Place Marcel Broodthaers 4 – 1060 Bruxelles, Belgique – BE0541.696.005
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