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rik April/Mai 2023

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FILM INTERVIEW Paul

FILM INTERVIEW Paul Mescal über „AFTERSUN“ Noch vor drei Jahren kannte niemand Paul Mescal. Damals hatte der Ire sein Schauspielstudium abgeschlossen, spielte Theater in Dublin und London und wartete auf seine erste Rolle vor der Kamera. Die kam dann 2020 mit der Serie „Normal People“ – und machte ihn über Nacht zum Shootingstar. Die Romanadaption über ein junges Liebespaar brachte ihm unter anderem einen BAFTA und eine Emmy-Nominierung, vor allem aber viele neue Projekte ein. Inzwischen war er neben Olivia Colman und Dakota Johnson in „Frau im Dunkeln“ zu sehen, wirkte in Videos von Mick Jagger und seiner (zeitweiligen?) Verlobten Phoebe Bridgers mit und wurde gerade für die Hauptrolle in „Aftersun“ sogar für den Oscar nominiert. Ab dem 13. März ist die wundervolle Vater-Tochter-Geschichte beim Streamingdienst MUBI zu sehen. Wir haben mit Mescal, der „God’s Own Country“ vom schwulen Regisseur Francis Lee zu seinen Lieblingsfilmen zählt und kürzlich gemeinsam mit Andrew Scott für den neuen Film von Andrew Haigh („Weekend“) vor der Kamera stand, im Interview gesprochen. Paul, Sie sind im Februar gerade 27 Jahre alt geworden. Ein bisschen jung für eine elfjährige Tochter wie nun in Ihrem Film „Aftersun“, oder? Darüber habe ich natürlich auch schon gescherzt. In „Normal People“ war ich eben noch ein Schüler, zwei Jahre später spiele ich schon einen Vater. Das ist für den Rest meiner Karriere vielleicht nicht das beste Omen, oder? Darüber nachgedacht habe ich allerdings erst, als andere mich darauf ansprachen. Beim Lesen des Drehbuchs fand ich das gar nicht komisch. Im Gegenteil, ich konnte mich in die Figur sofort hineinversetzen. Und wahrscheinlich können wir das doch alle ganz gut, oder? Schließlich haben die meisten von uns Eltern und wir sind sehr geprägt von unseren kindlichen Beziehungen zu ihnen. Die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrer Filmtochter ist jedenfalls sehr bemerkenswert mitanzusehen. Wie kriegt man das hin, zumal mit einem Mädchen, das noch nie vor der Kamera stand? Bei Frankie Corio und mir hat es nicht lange gedauert, bis die Chemie stimmte. Ich kann ganz gut mit Kindern, und wir beide hatten auf Anhieb einen Draht zueinander. Sie brauchte wirklich nicht lange, bis sie Vertrauen zu mir fasste. Und auch ihre Eltern brachten mir zum Glück von Anfang an viel Vertrauen entgegen. Bevor die Dreharbeiten losgingen, hatten wir zwei Wochen Zeit, einfach zusammen abzuhängen und uns kennenzulernen. Wir wurden echte Freunde und sind es noch, das war wirklich wundervoll. Aber ich mag mir gar nicht ausmalen, was gewesen wäre, wenn Frankie mich nicht hätte leiden können. Spielte es für Sie eine besondere Rolle, dass „Aftersun“ in den Neunzigerjahren spielt, wo Sie gerade erst geboren wurden? Einerseits gar nicht, denn ich glaube, die Liebe zwischen einem Vater und seiner Tochter ist nicht per se eine andere, egal ob im 17. Jahrhundert, in den 1990ern oder heute. Aber andererseits ist die Zeit, in der er spielt, für den Film eben doch sehr wichtig. Denn es geht in der Geschichte ja um mentale Gesundheit, und würde sie heute spielen, hätte der von mir dargestellte Calum einen ganz anderen Zugang zu Hilfsangeboten und womöglich ein ganz anderes Verständnis von seinem Zustand. Nicht dass heutzutage

jeder junge Mann eine Therapie macht, aber die Möglichkeit steht zumindest im Raum, und dass wir nicht nur darauf achten müssen, wie es uns körperlich geht, wird breit thematisiert. In den Neunzigerjahren galt doch für Männer die Devise, dass Probleme, Ängste und Sorgen eher heruntergeschluckt und verdrängt werden, als dass man sich dafür Hilfe sucht. Ist das auch der Grund, weswegen Sie mal gesagt haben, Sie seien froh, heute zu leben und nicht zur Generation Ihrer Eltern zu gehören? Ja, genau. Ich würde nie sagen, dass heutzutage alles grandios ist. Im Gegenteil läuft in unserer Welt aktuell ziemlich viel schrecklich schief, wenn ich mich so umgucke. Aber die Tatsache, dass inzwischen so manche Geschlechterstereotype über Bord geworfen werden können und Gefühle sowie mentale Gesundheit kein Tabuthema mehr sind, ist definitiv ein Fortschritt gegenüber früheren Generationen. Und sollte ich eines Tages mal Kinder haben, wird genau das mir hoffentlich dabei helfen, ein noch besserer Vater zu sein. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich Calum in „Aftersun“ all seiner Probleme zum Trotz für einen fantastischen, unglaublich liebevollen Vater halte. Wollten Sie eigentlich schon immer Schauspieler werden? Zu meiner Schulzeit interessierte mich Sport eigentlich mehr. Ich war ziemlich gut in Gaelic Football, das ist mehr oder weniger eine Mischung aus Fußball und Rugby. Allerdings gab es bei uns an der Schule die Regel, dass jeder Schüler und jede Schülerin eines bestimmten Jahrgangs für das jährliche Schulmusical vorsprechen musste. Ohne dass ich es drauf angelegt hatte, bekam ich so eine Rolle im „Phantom der Oper“ – und spielte ausgerechnet das Phantom. Im Rückblick war das ein FILM Moment, der mein Leben für immer veränderte. Fortan wussten Sie, was Ihr Weg im Leben sein sollte? Mindestens unbewusst. Aber ich habe das Gefühl auf der Bühne zumindest so sehr geliebt, dass ich mich nach dem Schulabschluss für ein Schauspielstudium beworben habe. Trotzdem heißt das nicht, dass ich mit unerschütterlichem Selbstbewusstsein wusste, wo es für mich hingeht. Im Gegenteil, ich habe mich an der Uni immer mal wieder fehl am Platz gefühlt. Verglichen mit vielen Kommiliton*innen hatte ich die Schauspielerei eher spät für mich entdeckt und war nicht unbedingt mit Theater und Filmen aufgewachsen. Immer wieder unterhielt ich mich mit Leuten, die echte Cinephile waren, und hatte das Gefühl, dass ich viel zu wenig gesehen hatte. Deswegen habe ich dann angefangen, so viele Independent-Filme und Klassiker zu gucken wie möglich. So entbrannte meine Liebe zu der Art von Geschichten, wie sie nun auch „Aftersun“ erzählt. *Interview: Jonathan Fink DAS NEUE ALBUM ERSCHEINT AM 24. MÄRZ “GHOSTS AGAIN“ OUT NOW

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