MUSIK INTERVIEW « Je t'aime – le concert » FOTO: NATHANIEL GOLBERG JANE BIRKIN Jane Birkin ist in Hamburg nicht etwa in irgendeinem durchgestylten Designerhotel abgestiegen, sondern im alteingesessenen Vier Jahreszeiten an der Binnenalster. Sie sitzt an einem Konferenztisch und trägt einen dunklen Blazer über einem Pullover. Geschminkt ist sie kaum. Obwohl die 76-Jährige schon ein paar Interviews gegeben hat und etwas erschöpft wirkt, ist ihr Redefluss kaum zu stoppen. Manchmal blitzen ihre blauen Augen hinter ihrer runden Brille auf. Etwa, wenn sie sich an Serge Gainsbourg erinnert. An seiner Seite wurde die gebürtige Britin in Frankreich eine Art Nationalheilige. Dabei sorgte ihr Duett „Je t'aime... moi non plus“ aus dem Jahr 1969 seinerzeit für einen handfesten Skandal. In dem gleichnamigen Film spielte Jane Birkin, die vor ihrer Beziehung mit Serge Gainsbourg mit dem Filmkomponisten John Barry verheiratet war, ebenfalls mit: „Serge hat mich in diesem Streifen jungenhaft inszeniert. Manchmal sah er eben doch mehr als eine hübsche Puppe in mir.“ Natürlich schrieb er auch Lieder für seine Partnerin, von denen Jane Birkin indes heute sagt: „Die Songs wirkten zwar, als wären sie für mich gewesen. In Wirklichkeit hat Serge aber das, was ihn beschäftigte, in diese Stücke gelegt.“ Erst nach ihrer Trennung von Serge Gainsbourg fand Jane Birkin endlich zu sich selbst. Mit fast 40 schnitt sie sich die Haare ab, sie drehte mit ihrem neuen Lebensgefährten Jacques Doillon den Film „Kleines Luder“, für den Jane Birkin ungeschminkt vor der Kamera stand. All das ebnete den Weg für ihre künstlerische Emanzipation: „Ich brauchte lange, um mich von den Erwartungen anderer zu lösen.“ Inzwischen hat sie in mehr als 60 Filmen vor der Kamera gestanden, sie führte Regie, sie spielte Theater, mit „Oh! Pardon tu dormais...“ schrieb sie vor über 20 Jahren ein eigenes Theaterstück. Es lieferte die Basis für das gleichnamige Album, das 2020 erschien. Teils wurden Passagen aus dem ursprünglichen Skript vertont, teils kamen neue Texte dazu. Stücke wie „Cigarettes“ oder „Catch Me If You Can“ hat Jane Birkin ihrer Tochter Kate Barry gewidmet. Die Fotografin stürzte 2013 aus dem Fenster ihrer Pariser Wohnung und starb: „Kates Tod war für mich ein Albtraum.“ Geblieben sind Jane Birkin ihre Töchter Charlotte Gainsbourg und Lou Doillon. Die beiden Schauspielerinnen und Sängerinnen gehen längst eigene Wege. Manchmal führen sie sie allerdings beruflich mit ihrer Mutter zusammen. 2021 drehte Charlotte Gainsbourg die Dokumentation „Jane by Charlotte“, mit diesem Film debütierte sie als Regisseurin. „Ich hatte erwartet, dass Charlotte sich mit meiner beruflichen Laufbahn vor ihrer Geburt beschäftigen würde“, gesteht Jane Birkin. „Doch letztlich hat sie einen sehr persönlichen Film gedreht.“ Charlotte Gainsbourg nähert sich vor allem der Privatperson Jane Birkin an – aus der Sicht einer Mutter, die selber drei Kinder hat. Auch wenn ihre Familie und ihre Karriere bei Jane Birkin hoch im Kurs stehen, brennt sie noch für andere Dinge. Seit Jahrzehnten engagiert sie sich für Menschenrechte. In Kriegs- und Krisenzeiten war sie in Ruanda, Bosnien oder Tschetschenien. Sie hat sich für die birmanische Politikerin Aung San Suu Kyi eingesetzt, aus Solidarität mit den Protesten im Iran schnitt sie sich eine Haarsträhne ab: „Ich bin immer für Frauen aufgestanden, die Probleme haben. Es ist mir wichtig, mich mit ihnen zu solidarisieren.“ *Interview: Dagmar Leischow Jane Birkin geht auf Tournee: « Je t'aime – le concert » Jane Birkin, 24.3. Hamburg, 26.3. München, 29.3. Berlin, www.semmel.de
POP AVA MAX: „Diamonds & Dancefloors“ Komponist*Innen Legenden Kompromissloser Pop, so kompromisslos und auf den Punkt gebracht, wie es zeit ihres Bestehens zwischen 1992 und 2010 nur Ace of Base wagten. „Ich wollte Musik zum Tanzen machen, aber sie sollte nicht superfröhlich sein, sondern verletzlich. Ich habe in meinen Songs nie über mein Privatleben gesprochen – und jetzt tue ich es. Das Album ist im Grunde genommen Heartbreak auf dem Dancefloor.“ Ava Max kombiniert Melodien und (auch und oft emanzipatorische) Texte mit tanzbaren Beats, vermischt Pop-, Rock- und Eurodance-Einflüsse zu kleinen, meist drei Minuten langen Meisterwerken, die weltweit die Charts aufrollen. „Ich habe all das abgestreift, was ich zu sein glaubte, und definiere mich neu. Ich habe herausgefunden, dass ich allein stärker bin. Ich habe festgestellt, dass es okay ist, mit dem Flow zu gehen und im Moment zu leben. Ich hoffe, dass man sich durch das Hören des Albums darin bestärkt fühlt, loszulassen, einen beherzten Schritt nach vorn zu machen und sich empowert zu fühlen – wie eine Boss-Bitch.“ Ihren großen Durchbruch hatte Ava Max 2018 mit dem weltweiten Hit „Sweet But Psycho“, es folgten das erfolgreiche Album „Heaven & Hell“ und internationale Hits wie „Salt“, „Kings & Queens“ sowie „Alone“ zusammen mit dem norwegischen Producer Alan Walker. Und jetzt veröffentlichte die Sängerin aus den USA mit „Diamonds & Dancefloors“ ihr zweites Album. Auch hier reihen sich Pop-Perle an Dancefloor-Füller, Hymnen auf Ohrwurm. Unsere Anspieltipps auf dem neuen Album sind zum Beispiel „Million Dollar Baby“ (das von LeAnn Rimes’ „Can’t Fight the Moonlight“ inspiriert wurde), „Dancing’s Done“, „Weapons“ und der Radio-Hit „Maybe You’re the Problem“. Beste Popmusik, für die #mensch sich nicht schämen muss, wenn sie aufgedreht durch die Wohnung klingt. Einfach nice. *rä Hans Zimmer „Live“ Ein musikalisches Spektakel mit Band und Orchester: Hans Zimmer gestaltet epische „Suiten“ auf Basis seiner bekanntesten Melodien - von Lion King bis Inception oder Dune. Mit Lisa Gerrard, Lebo M uvm. Ab 3. März als 2-CD, 4 x 180g Vinyl und Digital Rachel Portman „Beyond the Screen“ Die Oscar-Gewinnerin Rachel Portman hat ihre beliebtesten Filmmusiken neu am Klavier aufgenommen – u.a. Chocolat, Cider House Rules, The Duchess. Ab 3. März als CD, 2 x 180g Vinyl und Digital John Williams, Yo-Yo Ma „A Gathering of Friends” John Williams und Star-Cellist Yo-Yo Ma haben neue Konzertversionen von legendären Soundtracks wie „Schindler’s Liste“ oder „München“ geschaffen. Als CD, 1 x 180 Vinyl und Digital FOTO: MARILYN HUE www.sonyclassical.de
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