SEXUALITÄT Partnerschaft sein müssen und nicht nur als irgendwelche Objekte, die gerade verfügbar sind. In diese missliche Lage geraten wir heutzutage nicht nur in Swingerclubs oder auf Sexpartys, sondern auch bei random oder casual Sexdates, die über Online-Plattformen ausgemacht werden, bei denen das Motto lautet: „Rein, rauf, runter, raus“. Das ist überhaupt gar nicht schlimm oder verwerflich, solange den Akteuren dies auch bewusst ist. Häufig entstehen Sexsüchte jedoch genau aus diesem Grund. Diese Menschen suchen, meist unbewusst, nach Anerkennung, Nähe, Sicherheit, Geborgenheit oder Bestätigung. Nach dem Hochgefühl des Orgasmus folgt in diesen Konstellationen dann aber häufig wieder das Gefühl der Leere – was zur Folge hat, dass sich erneut auf die Suche begeben wird. Um den Kick zu steigern, wird die Anzahl der Sexualpartner erhöht, extremere Praktiken ausprobiert und/oder Drogen konsumiert. Im Grunde sind die Betroffenen nicht dauergeil, sondern eher dauereinsam, im Sinne eines Mangels oder Verlusts der aufgeführten psychosozialen Grundbedürfnisse. Psychologen nennen diesen Zustand Deprivation. Der Versuch dieser Leere mit random Sex zu begegnen, ist vor diesem Hintergrund oft das falsche Pflaster für die Wunde. Weg von Erektion und Orgasmus, hin zu „ich fühle mich wohl mit dir“, „ich finde dich toll“ und/oder „danke, dass wir diese Intimität teilen“. Weg von Bumsen, Ficken und Blasen, hin zur Erfüllung psychosozialer Grundbedürfnisse. Weg von „ich muss funktionieren“, hin zu „ich gebe und nehme sehr achtsam und bewusst.“ In der Praxis sind die Dimensionen der Sexualität natürlich nicht voneinander zu trennen. Um die gelebte und empfundene Sexualität zu verbessern, Funktionsstörungen vorzubeugen und sowohl sich als auch andere nicht in gefährliche Situationen zu bringen, ergibt die Reflexion der verschiedenen Ebenen allerdings durchaus Sinn. Warum mach ich das hier eigentlich? Warum habe ich Sex mit dieser Person? Was passiert hier eigentlich und möchte ich das überhaupt? Lecke oder blase ich gerne, weil ich das mag oder weil ich glaube zu wissen, dass das Gegenüber das toll findet? Machen wir das, weil wir aus Pornos denken, dass es so zu funktionieren hat? Foto: Dainis Graveris/unsplash.com SEXUALITÄT IM SPIEGEL DER GESELLSCHAFT Ein weiterer wichtiger Aspekt, den wir bei der Betrachtung der menschlichen Sexualität nicht vergessen dürfen, ist der gesellschaftliche Einfluss. In einer kapitalistischen Leistungsgesellschaft zählen Wachstum und Leistungsoptimierung zu den übergeordneten und erstrebenswerten Zielen. Dies schlägt sich auch in unserer Sexualität nieder. Sie ist ein Schauplatz der Leistung, an dem die Teilnehmer performen und abliefern müssen. Erektionen müssen aufrechterhalten und Orgasmen produziert werden. Am besten sollte laut gestöhnt werden, 62 Ausgabe 02
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