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hinnerk 0416

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Bühne 16 Interview

Bühne 16 Interview YVONNE DISQUÉ IST LOLA BLAU FOTOS: INGO BOELTER Das Musical des großen Georg Kreisler in einer Neuinszenierung auf dem Kiez. Wie aktuell ist der Stoff angesichts der Verhältnisse in Europa? hinnerk fragte Hauptdarstellerin Yvonne Disqué. •ck 1971 ENTSTANDEN, VERARBEITET AUTOR GEORG KREISLER IN DEM STÜCK AUTO- BIOGRAFISCHES: FLUCHT AUS NAZI- DEUTSCHLAND IN DIE USA – DER KAMPF, ALS KÜNSTLER(IN) ERFOLG ZU HABEN. WIE AKTUELL IST DAS STÜCK HEUTE? Es ist und bleibt ein Stück um die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Diese Kriegssituation, die wir damals hatten, lässt sich nicht auf heute übertragen. Auch wenn Deutschland und Europa im Moment schwer zu tun haben und im Wandel sind. Nichtsdestotrotz kann man in einigen Situationen Parallelen zu heute finden. Lola Blau ist eine „Ungewollte“, in der Heimat wie auch im Ausland. Sie ist ein Flüchtling. Aktueller geht es kaum. Auch in Bemerkungen von Menschen, denen Lola Blau begegnet, kann man Gemeinsamkeiten finden: Kleine Spitzen von Herrn Fini oder Herrn Schmidt ähneln sehr rechtem Gerede von heute. Vielleicht gar nicht böse gemeint, aber unbedacht ausgesprochen. Nach so viel Vergangenheit sollte man aber seine Worte bedachter wählen. Herr Kreisler hatte da ein fantastisches Gespür für Worte. Teile seiner Texte sind dauerhaft aktuell. Das Leben als Künstler macht das Ganze – also eine Flucht oder ein Engagement im Ausland – auf der einen Seite leichter, weil Kunst international ist und man oft nicht unbedingt Text braucht, um eine Performance zu verstehen. Auf der anderen Seite werden Künstler nicht von allen Menschen ernst genommen, weil sie ja so etwas wie der Hofnarr sind und „nur spielen“. Diese Tatsache ist auch zeitlos. Das gilt für Georg Kreisler, Lola Blau und Yvonne Disqué. Aktueller geht es kaum! SIE WURDEN FÜR IHRE DARSTELLUNG DER LOLA SCHON 2011 MIT DEM ROLF- MARES-PREIS AUSGEZEICHNET. WAS FASZINIERT SIE SO AN DIESER ROLLE? Ich bin im Nachhinein sehr dankbar, dass ich die Rolle angeboten bekommen habe, da ich das Stück vorher nicht kannte und aus eigenem Antrieb auch nicht angeschaut hätte. Genauso dankbar bin ich für diesen Preis, der mich völlig unerwartet erreicht hat, weil ich nicht mal wusste, dass ich irgendwo mitmache. Lola ist inzwischen ein Teil von mir geworden. Oder ich von Lola? Ich weiß nicht genau. Am Anfang ist sie so herrlich naiv und positiv, will nicht sehen, was Schlechtes um sie herum passiert. Dadurch kann sie länger glücklich sein, als wenn sie zu viel wüsste oder nachdächte. Aber sie reift im Laufe des Stücks. Sie wird durch die Umstände gezwungen, Sachen zu sehen und zu funktionieren. Sie ist eine Person zum Liebhaben. Ja, ich glaube, ich habe sie lieb. Sie ist wie eine gute Freundin von mir geworden. Jetzt, nachdem das Stück einige Jahre geruht hat, wird sich vielleicht für mich noch mal etwas ändern, wenn ich die Rolle spiele. Ich versuche, mich da ganz auf mein Gefühl und auf meine Kollegen (Regisseurin Ingrit Dohse, Pianist Gleb Pavlov und Schauspieler Hans B. Goetzfried) zu verlassen, dass wir gemeinsam wieder ein gutes, aussagekräftiges und hochqualitatives Stück auf die Beine stellen.

IST ES EHER EIN FEMINISTISCHES STÜCK, EIN JÜDISCHES STÜCK ODER EIN STÜCK ÜBER DAS LEBEN ALS KÜNSTLE- RIN? Feministisch, jüdisch, Künstlerin? Also Lola ist alles drei. Weiblich (damit spielt sie ja auch auf der Bühne), jüdisch (was sie aber überhaupt nicht zum Thema macht) und Künstlerin (das ist das, was sie liebt und kann). Das Stück selbst als Ganzes ist wohl eher als eine Mahnung zu verstehen, aufmerksam zu sein und schätzen zu lernen, wenn man freundliche Menschen um sich hat, die einen auch respektvoll behandeln, und Politik nicht immer nur den anderen zu überlassen. Es gibt zwar jüdische Züge und Momente im Stück, aber wenn man es mit dem Heute vergleicht, könnte das auch eine andere Religion sein, die von anderen Menschen misstrauisch beobachtet wird. WIE VIEL LOLA STECKT IN YVONNE DISQUÉ? Ich glaube, das habe ich schon bei Frage zwei mitbeantwortet. Um aber auf Parallelen zu meinem echten Leben zu kommen: Ich habe die Liebe meines Lebens schon sehr früh gefunden und wir sind zum Glück nie länger getrennt gewesen. Ich wurde nie wegen meines Glaubens (evangelisch) verurteilt, ausgewiesen oder angegriffen. Ich habe nie eine lange Zeit am Stück im Ausland verbracht. Ich musste nie weggehen. Das habe ich nur getan, wenn ich es wollte. Das heißt, dies alles spiele ich auf der Bühne. Das ist ein Privileg eines Schauspielers, dies alles fühlen zu dürfen, von den Leben fremder Charaktere lernen zu dürfen, ohne es selbst erleben zu müssen. WELCHEN SCHWERPUNKT SETZEN SIE UND DIE REGISSEURIN IN DER NEUEN INSZENIERUNG? Dazu kann ich nicht so viel sagen, da die szenischen Proben jetzt erst losgehen. Man weiß ja nie, wohin es einen führt ... Auf jeden Fall wird es eine neue Fassung von „Lola Blau“. Mein Schwerpunkt ist diese wahnsinnige Entwicklung, dieses emotionale Auf und Ab, das Lola in dem Stück durchmacht. 13. – 30.4., Heute Abend: Lola Blau, Schmidtchen im Klubhaus St. Pauli, Spielbudenplatz 21 – 22, Hamburg, U St. Pauli, 19 bzw. 20 Uhr, www.tivoli.de www.harbour-pride.de | www.facebook.com/harbourpride

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