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CHECK Berlin/Brandenburg #6

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Gesellschaft NEUE ZEITEN

Gesellschaft NEUE ZEITEN BRAUCHEN NEUE REGELUNGEN Als Gesellschaft stehen wir an einem kritischen Punkt. Anders als noch vor einhundert Jahren bestimmen wir größtenteils selbst über unser Leben. Wir wählen Beruf, Partner, Lebenskonzept und Identität. Über die Art und Weise wie wir Sterben entscheiden im Moment jedoch noch andere, weil wir uns in einer rechtlichen Grauzone befinden. Verschiedene Gesetzentwürfe werden derzeit geprüft, etwa der von Renate Künast und Katja Keul (Bündnis 90/Die Grünen). Demzufolge soll Sterbewilligen der „kontrollierte Zugang“ zu den dafür erforderlichen Betäubungsmitteln ermöglicht werden. Gleichzeitig soll regelhaft eine ärztliche Zweitmeinung eingeholt werden, Verfahren zur Sicherung der Selbstbestimmung eingeführt sowie Schutz vor Missbrauch gewährleistet werden. Zudem sind Regulierungen von Sterbehilfevereinen und nötige Sanktionsregelungen vorgesehen. RELIGIÖSES ERBE Mit der Einführung eines alles beherrschenden Gottes durch monotheistische Religionen wie das Christentum kam auch die Idee, dass allein dieser Gott über das Leben verfügt. Eigenmächtigkeit und Selbstbestimmung waren fortan verpönt. Wie übrigens auch Homosexualität und viele andere Freiheiten, die wir uns erst im letzten Jahrhundert mühsam zurückerkämpft haben. „Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen; denn, wenn ich schwach bin, so bin ich stark.“ So steht es in einem Brief von Paulus an die Korinther. Das heißt aber noch lange nicht, dass Leiden und Schmerzen eine ausdrückliche Prüfung Gottes sind. Unser theologisches Erbe muss kritisch hinterfragt werden, zumindest, wenn es einem Persönlichkeits- oder Selbstbestimmungsrecht widerspricht. Wozu sonst hätte uns Gott so tolle Dinge beschert wie den freien Willen und einen Verstand? Foto: Aron Clarke / unsplash PATIENT*INNENVERFÜGUNG Um sicherzustellen, dass das Lebensende den eigenen Vorstellungen entsprechend verläuft, kann man eine Patientenverfügung (derzeit noch ungegendert auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums) erlassen. Damit wird 66 CHECK BERLIN/BRANDENBURG #6

sichergestellt, dass der Patient*innenwille umgesetzt wird, auch wenn er in der aktuellen Situation nicht mehr geäußert werden kann. Liegt keine Patientenverfügung vor oder sind die Festlegungen in einer Patientenverfügung zu unkonkret oder zu allgemein, entscheiden die Vertreter*innen gemeinsam mit den Ärzt*innen auf der Grundlage des mutmaßlichen Patient*innenwillens über die anstehende Behandlung. Achtung: Bei besonders folgenschweren Entscheidungen kann es passieren, dass zusätzlich die Genehmigung des Betreuungsgerichts eingeholt werden muss. GOTT UND GESETZ Kann man es Bernd verübeln, dass er sterben will? Darf man es Ärzt*innen zumuten, ihren Patient*innen als letzten Wunsch ein tödliches Gift zu verabreichen? Sollte Sterbehilfe ein profitables Geschäftsmodell sein? Dies sind Fragen, die uns kein Gesetz und auch kein Gott beantworten kann. Die Hilfe beim und zum Sterben muss aber gesetzlich in Gesellschaft einer Art geregelt werden, die die Selbstbestimmung als oberstes Gebot anerkennt. Denn erst dann können wir überhaupt über eine zeitgemäße Moral diskutieren, die mit unseren modernen Grundidealen von Einigkeit und Recht und Freiheit übereinstimmt. (ts) Rund 10.000 Menschen nehmen sich jährlich in Deutschland das Leben. Wenn du Selbstmordgedanken hast, egal ob aus psychischen oder körperlichen Gründen, wende dich bitte an eine der vielen Stellen, die sich mit dem Thema auskennen. Die Telefonseelsorge etwa bietet rund um die Uhr sofortige Hilfe per Telefon, Mail und Chat an: 0800 / 111 0 111 0800 / 111 0 222 online.telefonseelsorge.de KANTSTR.130b/ LEIBNIZSTR. MEHRINGPLATZ 12/ FRIEDRICHSTR. CHECK BERLIN/BRANDENBURG #6 67

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