48 KULTURNACHGEFRAGTDIKLA STERN – Political Satirical Pop ArtDie Künstlerin präsentiert ihre Statement-Unterwäsche, unter anderem die „Boxer Brief EditionTROPHY“ – „Weil manche Aussagen dahin gehören, wo sie niemand vermutet“. Und Zeit fürunsere Fragen hatte sie auch.Wie kamst du auf die Idee, deine Kunstauf Unterhosen zu platzieren?Basierend auf dem Werk „Trophy“ ist dieBoxershorts direkt aus der Arbeit selbstentstanden. Das Original zeigt ein blutrotesGeweih des Hirsches vor einer hellblauenTapete mit sich wiederholendem Rosenmuster.An dem gemalten Geweih hängtein modischer Herrenslip. Die Arbeit wirfteinen kritischen und satirischen Blick aufdie Jagdtrophäe als Symbol für das zurSchau stellen von Macht und Dominanz.Durch den applizierten Slip – der bewusstin die Arbeit integriert ist – wird die Ideevon Eroberung, Macht und Dominanz alsStatussymbol jetzt satirisch unterwandert,verändert und auf der Grundlagekonservativ-elitärer Werte auf eine sexuelleEbene übertragen: Aus feministischerPerspektive entsteht dabei die Assoziation,dass die Frau den Mann erobert; aushomoerotischer Sicht: Der Mann eroberteinen Mann. Durch die bildliche Sprachewerden gesellschaftliche Rollen hinterfragt.Der Slip ist somit die performative Erweiterungdieser Auseinandersetzung. Wer ihnträgt, wird selbst Teil dessen.Der Hirsch auf dem Penis, was gibt esnoch? Richtig. Die Boxer Brief EditionTROPHY hat sozusagen Premiere. Zudemsind zwei Designer-Editionen, Secret undDrama, partiell aus meiner InstallationLILILALALAND assoziativ auf ein Objektadaptiert, also Textelemente im Einsatz.Weiterhin zeigt die Arbeit Männer (Werk324/7): Sieben Männer in dunklen Anzügen,einheitlich im Dresscode, alle schauen ausdem Bild auf etwas, das uns verborgenbleibt. Der Moment bleibt stumm, abergeladen. Mich interessiert diese Spannung:Gleichheit und Individualität, Macht undKontrolle. Wenn das dann auf einer hochwertigenKulturtasche auftaucht – etwassehr Privates, das man mit sich trägt, aberdessen Inhalt niemand kennt – setzt sichgenau dieses Thema fort. Was zeigenwir, was verbergen wir? Das ThemaZweigeschlechtigkeit und Mischformenwurde im Porträt WELTENKINDER bearbeitet– dazu gab es 2014 ja schon bei dir einInterview, das in die Auswahl einbezogenwird. Weiterhin werden Malerei undInstallationen als Kunstdrucke erhältlichsein – auf passenden Textilien, aber auchals Kunst fürs Büro. Für den Sommer ist einekleine Reise-Edition geplant, danach folgtetwas für den privaten Raum. Ergänzendist der erweiterte Ausstellungskatalog zurgleichnamigen Installation LILILALALAND„LILILALALAND“, Installation – Mixed Media, 2023,© Dikla Stern, VG Bild-Kunst 2024, Foto: Astrid Heim„BOXER BRIEF“, Design Dikla Stern, VG Bild-Kunst 2025zweisprachig als eBook bei Kindlemit Einführung in die Ausstellung undBeschreibungen erschienen. Die limitierteerste Printausgabe ist nur noch in kleinerStückzahl auf der Plattform zu haben. Undwer selbst kreativ werden will: Mein intensiverSOMMER ART WORKSHOP „VerschiedeneTechniken der Malerei“ findet am 5./6. Juli2025 statt. Zwei Tage, mehrere Zugänge,direkt am Material. Acrylmalerei, Pastell undCollage. Ein Link ist auch im Design Storezu sehen.Stichwort Religion: Empfindest dugerade einen anderen Umgang mit diraufgrund deiner jüdischen Herkunft?Ja, sicherlich nehme ich einen verändertenUmgang wahr – mal subtil, mal sehr direkt.In Zeiten zunehmender gesellschaftlicherSpannungen, insbesondere imZusammenhang mit dem Nahostkonflikt,wird jüdische Identität oft politischaufgeladen, obwohl sie eigentlich etwassehr Persönliches ist. Plötzlich erhält diesejüdische Herkunft, die vorher weniger imVordergrund stand – vor allem nicht inmeinem künstlerischen Schaffen, dassich nicht über Religion definiert – eineneue Bedeutung. Ich weiß, dass jüdischeKünstler*innen zunehmend mit Boykottforderungen,Ausladungen, verbalen Angriffen,Mobbing oder kritischen Nachfragenkonfrontiert sind, die sich weniger aufihre Kunst als auf ihre Herkunft beziehen,unabhängig von ihrer tatsächlichenHaltung oder Beteiligung. Diese Dynamikenverlaufen oft implizit, spielen aber eine Rollein kuratorischen Entscheidungsprozessenund können die Rezeption künstlerischerArbeiten beeinflussen. Ergo werden künstlerischeArbeiten durch äußere Faktorengelesen und interpretiert, auch meine, dieim weltlichen, kulturellen Kontext der Zeitstehen. Die Kunstszene ist kein neutralerRaum, sondern spiegelt gesellschaftlicheDynamiken wider. Was oft fehlt, ist dieUnterscheidung zwischen Individuum undpolitischer Zuschreibung. Andererseitserlebe ich auch eine Art Tokenisierung –Künstler*innen werden eingeladen, wenndas ‚jüdische Thema‘ und Religion geradepasst. Die Identität wird kuratorisch oderthematisch „mitverwertet“, was manchmalverwirrend ist, da ich nicht religiös bin undmeine künstlerische Arbeit unabhängigvon Glaubensfragen sehe. Aber es gibtauch viele solidarische Stimmen undRäume, die sich bewusst gegen diesenDruck stellen und jüdischen Kulturschaffendenermöglichen, ihre Perspektivenfrei zu zeigen. Ein weiterer Punkt ist dieSicherheitslage. Es kommt vor, dass beiAusstellungen Sicherheitsfragen thematisiertwerden – ein berechtigter Umstand,der bezeichnend ist für das gegenwärtigeKlima. Bei meiner letzten AusstellungLILILALALAND in Eisenach kam die Frageauch auf, aber wir haben uns bewusstentschieden, die Veranstaltung unter dengleichen Bedingungen wie jede andereVeranstaltung durchzuführen. Es kamenrund 3000 Besucher*innen, und es verliefglücklicherweise alles ohne Zwischenfälle.*Interview: Michael Rädelwww.diklastern-store.com,„LILILALALAND“-Ausstellungskatalog –eBook Kindle: https://shorturl.at/UdIa7,„SOMMER ART WORKSHOP – VerschiedeneTechniken der Malerei Berlin 2025“:https://shorturl.at/WXdSa, https://www.instagram.com/politicalsatiricalpopart,www.diklastern.com
KULTUR 49BILD: FREEPIKKLUBMUSIKHigh Energy, House, Disco –Eartha Kitt & Inner CityZwei „sündige Boxen“, die als CDs undVinyl jede Menge schwuler Klubklassikervereinen. „Disco Discharge presentsBox of Sin“ sowie „Disco Dischargepresents More Sin“ sind Füllhörner derqueeren Klubmusik.Die üblichen Verdächtigen sind drauf,etwa Eartha Kitt, Divine, die Pet ShopBoys, die Village People, Fancy, DonnaSummer, Sylvester, Grace Jones undBronski Beat, aber auch Interpret*innen,die #mensch hier nicht sofort vermutenwürde, die aber komplett ihre Berechtigunghaben, gehören sie doch zumSound der Gay Clubs der 1980er.Zum Beispiel Cappella (mit ihrem erstenHit „Helyom Halib“ von 1988 / 1989), InnerCity, Yello, Ultra Naté, Dusty Springfield,Aretha Franklin, Whitney Houston undsogar Modern Talking. Die Lieder wurdenaus einem Pool an Kompositionengezogen und zu diesen zwei Samplernzusammengestellt, die auf den Klub- undDance-Charts der 1980er basieren.Auch in den entsprechenden Versionen!Deswegen gibt es zum Beispiel Kim Wildemal anders – und natürlich auch diegrandiosen S‘Express. Eine wunderbareZeitreise, auch für die, die damals erstim Kindergarten waren (wie der Autordieses Artikels). *räNIE WIEDER STILLWIR HÖREN NICHT AUF, BIS ALLE GEHÖRT WERDEN!Eine bundesweiteKampagne derCSD-Bewegung26.Juli 2025csd-berlin.de
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